Juni 16, 2005 8:38

Es muss ja nicht immer heise sein..

Ich möchte nicht falsch verstanden werden - Ich habe absolut nichts gegen wired oder telepolis oder Vergleichbares, schließlich konsumiere ich beide genannten Produkte regelmäßig und bin in den meisten Fällen mit der Qualität der Artikel zufrieden. Allerdings steckt im letzten Satz auch schon der größte Stör-Faktor für mich: Man konsumiert.
Mir fehlt bei den großen, viel gelesenen Magazinen (Online-, von Print- und anderen traditionellen Medien ganz zu schweigen) einfach die Nähe zu den Autoren, wenigstens die gefühlte Nähe, denn ich muß nicht unbedingt zu jedem geschriebenen Wort einen Kommentar abgeben, aber bin mir auch gern sicher, daß, wenn ich etwas zu kritisieren habe, es nicht im Kommentar-Spam und -geflame untergeht oder ich wochenlang auf eine Antwort warten muß. Kleinere Online-Mags sind auch viel flexibler und unabhängiger was die thematische Gestaltung und auch des Äußeren angeht. Schreibt man den Verantwortlichen begründet, daß man ein Thema gern intensiver oder von einer anderen Seite oder überhaupt im Magazin betrachtet sehen will oder einem dieser oder jener Font nicht paß, stehen die Chancen meist nicht schlecht, daß dies auch so umgesetzt wird, und das innerhalb recht kurzer Zeit. Bei kommerziellen Anbieter geschieht dies entweder Monate oder Jahre später oder garnicht, wenn sich das Massenpublikum an ein Layout gewöhnt hat und eine Änderung dessen oder die Behandlung eines Themas, das in eine etwas andere Richtung geht, ja wen vergraulen könnte. Es gibt aber auch Gegenbeispiele, z. B. die GEE, deren Publikum wohl nicht gerade als "riesig" angesehen werden kann, wo aber bislang noch so gut wie jeder Themenvorschlag aus dem angeschlossenen Forum, war er auch noch so abwegig, den Weg ins Heft gefunden hat.
Auch aus dem real life scheinen die privaten Mini-Publikationen irgendwie verschwunden zu sein. Mich mag die Erinnerung trügen, wenn ich behaupte, daß früher an jeder Ecke selbst getippte und kopierte Heftchen der verschiedensten Gruppen, Initiativen, Vereine usw. auslagen. Da ist das WWW gleichzeitig Fluch und segen: Zwar vereinfacht es die Publikation enorm, doch ist die Chance, nicht wahrgenommen zu werden ungleich größer als in der realen Welt. Im Netz, vor allem aufgrund der Allgegenwärtigkeit von Google - ich müßte mir auch wieder angewöhnen, zuerst einmal im ODP zu recherchieren, fällt der Gang zu kommerziellen Quellen wesentlich leichter, auch wenn sie nicht immer die besten und ausführlichsten sind. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Aussage Fatih Akins aus einem FR-Interview, daß sich im Falle von Kinofilmen jugendliche Migranten häufig auf Websites aus ihrem Heimatland informieren, wenn die Filme dort anlaufen und hier längst aus dem Programm genommen wurden..
Den privaten Klein- und Kleinst-Publikationen sollte meiner Meinung nach die Aufmerksamkeit, die sie verdienen, nämlich deutlich mehr als im Moment, zukommen und ich hoffe, sie können ein wenig von den (ja, da sind sie wieder) Blogs profitieren, indem wenigstens dort über sie berichtet wird (wie jetzt ;).
Ich meine hier auch ausdrücklich PDF-Magazine u. ä. mit einem durchgehenden Thema und abgeschlossenen Ausgaben, wo man, anders als bei Blogs, nicht nach einer Woche Abwesenheit nicht mehr hinterher kommt. Nicht alles, was Blog ist, glänzt, das gilt vor allem auch für die kommerziellen Anbieter, für mich kommt es bei den Blogs nicht auf die äußere Form an, sondern auf die Möglichkeiten der Kommunikation, die sie mit sich bringen. Also: Kauft kein Uran und keine Produkte der Aufmerksamkeits-Kartelle, lest Goon-Magazine, Paraguas (bzw. macht da mit), MyAtari Mag, Die Gegenwart, WotR, Glizz.net und all die anderen, die ich womöglich früher schon einmal genannt habe und mir entfallen sind, sucht selbst und schickt mir Links, ich habe immer Hunger auf mehr, startet euer eigenes Mag - Und wenn es nichts werden sollte, schnell die Festplatte gelöscht und neu begonnen..

Author: nille | Permalink | Category: kommentar, txt