The Minish Cap
Ameisenfarmen haben mich immer besonders fasziniert. Als Kind habe ich mir
immer eine gewünscht und natürlich nie bekommen. Heute habe ich
die
gleichen Ängste vor einem potentiellen Ausbruch oder, daß es sich
um ein tierquälerisches Unterfangen handeln könnte, wie meine
Eltern damals. Meine kindlichen Allmachtsphantasien durfte ich leider auch
nie an Geräten wie GameBoy und co. ausleben, da es sich dabei für
Berufspädagogen wie meine Mutter schon um Teufelszeug handelte, bevor
es Begriffe wie "Killerspiel" oder erste Inkarnationen dessen
(sprich DOOM) gab. Da Experimente, vergleichbar mit dem von Lisa Simpson aus
der Folge, in der auf einem ausgefallenen Zahn eine mikroskopisch kleine
Zivilisation wächst, die sie als Gott verehrt, regelmäßig
scheiterten, verging viel Zeit bis ich mich an Spielen wie
SimLife
oder jetzt endlich dem wundervollen
The Legend of Zelda - The Minish
Cap für den GBA erfreuen durfte.
Dabei ist
The Minish Cap doch so schön, spannend und soooo
nieeedlich! Ich hätte so eine kleine Welt in der Hosetasche jedenfalls
deutlich besser gefunden als die stupiden Kinder- und
Jugendbücher mit den ewig gleichen Abenteuer- und Detektiv-Geschichten,
die von der stereotypen Fünfer-Jungs-Bande bestritten wurden (und den
Pendants für Mädchen, in denen ersatzweise 1-2 Mädchen +
Pferd oder Collie das gleiche erlebten). Sicherlich gab es damals wie heute
interessantere Kinder- und Jugendbücher, aber ich behaupte einfach
einmal, daß sich die wenigsten Eltern viel Mühe bei der
Bücher-Auswahl ihrer Kinder machen (Das gilt wohl leider auch fürs
Medium Computerspiel).
The Minish Cap ist sicherlich auch kein
Parade-Beispiel für einen innovativen Plot, sondern folgt eher den
Nintendo-Standard-Schema von makellosen männlichen Helden (Link), der
die von Bösewicht (Hexenmeister und Ex-Minish Vaati) verzauberte
(versteinerte) Prinzessin Zelda retten muß.
In diesem Fall wiegt es allerdings nicht schwer, daß die Grundpfeiler,
auf die die (Spiel-)Welt aufbaut, etwas wackelig sind. Dadurch, daß es
in dieser nur auf den ersten Blick kleinen Welt an nahezu jeder Ecke etwas
Neues zu entdecken, bestaunen und vor allem zu tun gibt, kommt man einfach
nicht zum Grübeln. Es regt die Phantasie an, wenn nach der
Lösung eines der vielen abwechslungsreichen, teils
außerordentlich kniffligen, nur mit sehr kreativem Denken zu
lösenden, Rätseln irgendwo eine Tür neue, vorher verborgene
oder verschlossene Wege öffnet, die die Welt um eine ganz neue
Dimension erweitern - Überall stößt man anfangs auf Grenzen,
die man nur dadurch überwinden kann, indem man neue Techniken wie das
Fliegen, Schwimmen oder Graben erlernt. Das geschieht dann auch noch auf
zwei verschiedenen
Ebenen, denn kann sich mithilfe der sprechenden (namengebenden)
Minish-Mütze an bestimmten Orten wie z. B. Baumstämmen oder Vasen
verkleinern, sodaß man viele Areale auf zwei verschiedene Arten
durchschreiten kann, was einen dann auch vor ganz andere Probleme stellt
(Plötzlich stellt eine Pfütze oder eine Stufe ein
unübeerwindliches Hindernis dar), einem aber auch neue Pforten zu den
zwergenhaften Minish, die meist verborgen in Spalten und
Mäuselöchern in Gesellschaft der Menschen leben und ihnen im
Geheimen helfen, aber auch den ein oder anderen Streich zu spielen pflegen.
In der Umgebung von Stadt und Schloß Hyrule gibt es so viel, mit dem
man sich
nebenbei beschäftigen kann, daß man beinahe
vergißt, daß man sich eigentlich mit der Rettung der immer noch
versteinerten und im Schloß versauernden Prinzessin befassen und
nebenbei die vom bösen Vaati auf die Welt losgelassenen Monster
verbannen sollte, indem man die vier versteckten Elemente findet und auf
das Schwert der Minish überträgt. Schließ gilt es, Vaati
zuvor zu kommen, der ebenfalls darauf drängt, das unsagbar
mächtige
Force zu finden, nur hegt der leider nicht ganz so
philantropische Absichten wie wir.
Unter Gras und Büschen versteckt findet man Rubine, durch die man in
der Stadt seine Ausrüstung aufbessern, aber auch dazu nutzen kann, um
Tränke zu kaufen, beim Glückspiel zu verlieren, im Hotel zu
übernachten oder beim Hypnotiseur gegen imaginäre Dungeon-Monster
zu kämpfen, man findet mysteröse Muscheln, die zur Teilnahme an
Meister Minitendos Lotterie befähigen, bei der man (so man denn
unendliche Geduld besitzt) glatte 130 Sammel-Figuren gewinnen kann und
schließlich gibt es viele verschiedene Glücksfragmente, die man
mit den vielen anderen Einwohnern Hyrules (oft sogar mehrmals) vereinen
kann, was dazu führt, daß sich vorher unsichtbare
Höhleneingänge auftun, besondere Gegner spawnen, die wiederum
andere Items fallen lassen, wenn man sie besiegt oder an unverhoffter Stelle
Schatzkisten auftauchen.
Durch das Format gewinnt das Spiel einen besonderen Reiz, man kann es dank
des
GameBoy Advance nicht nur überall hin mitnehmen und ist, nachdem man es
eingeschaltet hat, sofort wieder "im Spiel", auch die technische
Limitierung hat die Entwickler veranlaßt, auf einer auf den ersten
Blick kleinen Karte so viele Möglichkeiten unterzubringen, seine
Phantasie auszuleben, Neues zu entdecken und Kopfnüsse zu knacken (So
schwer sind die Rätsel nicht, aber die Lösungen sind auch nicht
auf
Vorschul-Niveau und gleich auf den ersten Blick ersichtlich). Die Optik kann
nätürlich mit keinem 3D-Action-Spiel mithalten, ist aber sehr
originell. Jedoch der Umfang des Spiels schlägt jeden
Durchschnitts-Shooter um Längen. Trotz viel Neuem wie
Jump’n’Run- und Adventure-Einlagen fühlt es sich dennoch wie
ein "Zelda" an: Man besitzt immer noch Schwert und Schild und
muß sich gegen die gleichen käferartigen Monster zur Wehr setzen.
Abschließend bleibt nur zu sagen, daß es sich bei
The Minish
Cap um das Spiel handelt, von dem ich als Kind immer geträumt habe,
welches mir aber heute noch mindestens genau so viel Spaß bringt. Wo
ich schon wieder beim Thema bin: Ich würde es fast bedenkenlos (m)einem
Kind überlassen, lieber als das hektische eindimensionale
Mario,
Nintendogs oder die uninspirierten Kinderbücher, die ich
früher lesen mußte - Es ist wahrscheinlich sogar einfacher
für Kinder, mit ihren Freunden, Gechwistern oder Eltern darüber zu
kommunizieren oder gemeinsam zu lösen, da es transportabel ist und
etwas zum Vorzeigen bietet und gemeinsam in die Hand genommen werden
kann.
Also, liebe Eltern, schenken! Eure Kinder werden es euch danken. (Wenn sie
nicht auch lieber eine Ameisenfarm hätten ;)