Gizmondo
400 Millionen Dollar wurden von den "Unternehmern" hinter dem
Gizmondo, dem ehemals
heiß ersehnten Handheld und potenziellen PSP/DS-Killer, verbraten.
Gizmondo Europe-Direktor Stefan Eriksson wickelte seinen geleasten Ferrari
Enzo in Kalifornien um einen Strommast und besitzt eine etwas düstere
Vergangenheit als Mitglied der "Uppsala-Mafia".
Ein anderer Manager hat der Firma über 100.000 Dollar für
"Sekretärinnen-Dienste", die seine Freundin ableistete, in
Rechnung gestellt.
Spiele-Entwickler, die man für horrende Summen angeheuert hatte,
konnten oder wollten kein Produkte liefern, der Gizmondo war gestorben.
Dies oder Ähnliches konnte man in der Zeitung, bei Heise und den
üblichen Verdächtigen lesen - So weit, so Mismanagement und in
Post-DotCom-Zeiten eigentlich recht unspektakuläre News.
Doch ein aktueller
Wired-Artikel
läßt die Geschichte in einem ganz neuen Licht (oder besser gesagt
Schatten) erscheinen. Glänzend tief recherchiert und eindrucksvoll von
Marvel-Comic-Zeichner
Jae
Lee illustriert, wirkt die Geschichte wie eine ganz andere: Ein
modernes, düsternes Märchen von globalisierten Gangstern, die es
scheinbar spielend geschafft haben, Medien, Konsumenten und Investoren
gleichermaßen zu blenden wie die Weber in Andersens
"Des
Kaisers neue Kleider".
Ich kann den 6-seitigen Wirtschafts-Krimi wirklich jedem ans Herz legen, der
gern spannend geschriebene, tief gehende Reportagen liest und liebt!
Dort wird nicht nur beschrieben, mit welch krimineller Energie die dubiosen
Gizmondo-Leute sich systematisch bereichert und das Projekt zum Scheitern
verurteilt haben, sondern auch welche abstrusen Personen und Interessen sich
ebenfalls hinter dem Gizmondo verbargen und wie Eriksson & co. nicht
einmal davor zurück schreckten, sich mit ergaunerten Ausweisen als
"Homeland-Security-Cops" Zugang zu Schußwaffen zu
verschaffen.
Die Geschichte hat aber auch ein Gutes: Vielleicht braucht die
Mediengesellschaft des Jahres 2006 einen Eriksson, wie dereinst die feudalen
Herrschaften einen Andersen, um zu erkennen, daß man sich
womöglich mit publizistischen Schnellschüssen a la Gizmondo besser
zurückhielte.